Gibt es etwas Nervigeres als Neujahrsvorsätze? Schon die Frage danach lässt uns metaphorisch die Hosen herunter. „Weniger Alkohol, mehr Sport, früher ins Bett? Aha, das lässt tief blicken! Haben wir es wohl übertrieben dieses Jahr?“ – Ätzend.
Mal ganz davon abgesehen, dass die gut gemeinten Vorsätze eine Halbwertszeit wie Partyböller haben: puff und weg. Das fängt schon an Silvester an: die ganze Nacht aufbleiben, wiederholt anstoßen, königlich speisen. Klingt das wie die Einleitung zu eiserner Askese? Eben.
Dabei ist der Grundgedanke bei Vorsätzen gar nicht verkehrt: anstatt weiter durchs Leben zu dümpeln, dem neuen Jahr eine bewusste Richtung geben. Doch dafür eignet sich ein Fokus – ein Neujahrsfokus sozusagen – viel besser.
Vorsätze engen Dich ein, ein Fokus richtet Dich aus.
Was ist der Unterschied zwischen einem Fokus und Neujahrsvorsätzen? Zunächst einmal der Numerus. Fokus ist Singular, Vorsätze kommen häufig im Plural daher. Da sind wir schon am Kern:
→ Entscheide Dich für eine Sache.
Es kann nicht alles wichtig sein. Beispiel: Du nimmst Dir also nicht vor Stress abzubauen, Dich mehr zu bewegen und mehr Zeit mit Deinen Freund:innen zu verbringen. Du legst den Fokus auf das für Dich Wesentliche, z.B. achtsamer mit Deinen Bedürfnissen zu sein.
Der zweite Unterschied liegt mehr auf der Inhaltsebene. Während Vorsätze wie kleine Hürden wirken, die man recht bald reißt und dann aufgibt, ermöglicht ein Fokus, immer wieder zu ihm zurückzukehren. Ein Fokus ist nachsichtig. Verlierst Du ihn einmal aus den Augen, braucht es nur einen kleinen Schwenk in die richtige Richtung – und weiter geht’s.
→ Feinjustierungen des Fokus sind Teil des Spiels.
Du kannst nicht „versagen“. Auch wenn Du einmal nicht auf Deine Bedürfnisse geachtet hast (um beim Beispiel von oben zu bleiben), musst Du nicht gleich alles hinschmeißen. Aufstehen, Krone richten, Du weißt schon.
Außerdem definiert ein Fokus die Blickrichtung. Neujahrsvorsätze hingegen laufen oft auf ein oder mehrere beschränkte Ereignisse in der Zukunft hinaus. Der Vorsatz „dreimal die Woche joggen gehen“ engt Deine Möglichkeiten ein. Was, wenn Du mal umgeknickt bist? Da kannst Du Deinen Vorsatz nur zähneknirschend aufgeben. Fokussierst Du Dich aber auf das großartige Gefühl, wie Du die fünf Treppen im Büro nimmst, ohne aus der Puste zu kommen, eröffnen sich Dir zahlreiche Optionen. Denn dorthin führen viele Wege.
→ Ein Fokus funktioniert unter allen Umständen.
Darum „lebt“ er länger.
Und zu guter Letzt hält ein schlau gewählter Fokus Deine Aufmerksamkeit auf dem, was Du willst. Nicht (wie viele Vorsätze) auf dem, was Du nicht willst. Beispiel: Du kannst Dir vornehmen, weniger Alkohol zu trinken. Auf was konzentrierst Du Dich dabei? Richtig, auf Alkohol. Viel sinnvoller ist da ein positiver Fokus, etwa auf einen gesunden, quicklebendigen Körper.
→ Wähle einen positiven Fokus.

Du sitzt am Drücker Deines Lebens.
Vielleicht wird das neue Jahr besser als das alte. Vielleicht wird es völlig neue Herausforderungen für uns bereithalten. Eines ist sicher: Du solltest Dich nicht auf den Fokus der anderen (Kollegen und Kolleginnen, Partner, Medien, Politik) verlassen. Diese wollen möglicherweise etwas völlig anderes als Du, z. B. Dich beruhigen oder beunruhigen, mit Dir jammern oder einfach Deine Aufmerksamkeit gewinnen. Mach lieber Deine eigenen Regeln, optimistisch und proaktiv. Die Welt wartet auf Deine Entscheidung. Worauf setzt Du dieses Jahr Deinen Fokus?